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Über die Weinkultur

von Russland

Russische Weinkultur
Russischer Wein – eine lange Geschichte voll Höhen und Tiefen, ein wenig wie der bewegte Lebensweg eines uralten Ehepaares. Werfen wir doch mal einen Blick zurück, wie alles begann! Im Süd-Kaukasus, wozu heute Armenien, Georgien und Aserbaidschan gehören, wurden nachweislich bereits vor 10.000 Jahren Reben kultiviert. Neben Mesopotamien, der Region von der südöstlichen Türkei bis zum Persischen Golf, gilt das Gebiet unbestritten als Wiege der Weinkultur. Im Laufe der folgenden Jahrtausende breitete sich der Weinbau in Richtung Norden aus und wurde etwa seit Beginn unserer Zeitrechnung am Küstenstreifen des Kaspischen Meeres in größerem Umfang betrieben – die russische Provinz Dagestan ist somit ältestes und heute zweitgrößtes Anbaugebiet des riesigen Landes.
Woronzow
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurden im Gebiet, wo die Wolga ins Kaspische Meer mündet, Weingärten angelegt, um den Zarenhof mit einheimischem Wein zu beliefern. Dieses Ansinnen fand jedoch wenig Gegenliebe – zu jener Zeit ließen Herrscher und Adel Wein in großen Mengen vor allem aus Frankreich und auch aus Deutschland importieren.  1799 wurde in Sudak und Aluschta auf der Halbinsel Krim erstmals russischer Schaumwein erzeugt – exklusiv für den Zarenhof in Sankt Petersburg. 1820 ließ Fürst Woronzow bei Jalta ein großes Weingut anlegen.
Nicht weit davon entfernt, gründete im Jahre 1878 der Adlige Lew Golizyn das Weingut Nowy Swet. Der ehrgeizige Fürst wollte Weine herstellen, die dem Vergleich mit den besten aus Bordeaux und der Champagne standhalten sollten. 1894 baute Golizyn imAuftrag von Nikolaus II. Massandra auf, das berühmte spätere ukrainische Staatsweingut. Jenes sollte ausschließlich dazu dienen, den nahe Jalta gelegenen Palast Liwadija mit Wein und Krimsekt zu versorgen, Sommerresidenz des Zaren. Golizyn widmete sich insbesondere der Verfeinerung des Schaumweines, den er in großen Mengen herstellen ließ. Zu Ehren der Krönung von Zar Nikolaus II. kreierte er 1896 den Schampanskoje Krimskoje, etwas einfacher auszusprechen als Krimsekt. Mit der ersten Auszeichnung, die dem Sekt des Fürsten Golizyn zuteilwurde, gelangte er auf einen Schlag zu weltweiter Popularität: Im Jahre 1900 gewann der Schampanskoje Krimskoje auf der Weltausstellung in Paris den Grand Prix.
Nikolaus
Chateau D Yquem
Nach dem Vorbild des Château d’Yquem im Bordeaux, ganz der Erzeugung exquisiter edelsüßer Weine aus Muskateller-Sorten verschrieben, wurden auf diesen drei Weingütern an der Südküste der Krim vor allem Dessertweine hergestellt – auch Madeira, Portwein und Sherry waren in russischen Adelskreisen äußerst begehrt.
Zwei Weltkriege erschütterten den russischen Weinbau schwer. Nach 1945 ließ die sowjetische Regierung großflächig neue Rebflächen anlegen. Auf diese Weise sollte der exorbitante Wodka-Konsum eingeschränkt und der damit verbundene Alkoholismus bekämpft werden (was nicht recht funktionierte). Von den damals 15 Staaten betrieben elf Weinbau, vorwiegend wurden wurzelechte Rebsorten angebaut. Im Jahre 1985 belief sich die Rebfläche in der ehemaligen UdSSR auf rund 1,4 Mio. Hektar, über 20 Mio. Hektoliter Wein wurden produziert – die UdSSR gehörte zu den größten Weinproduzenten der Welt, lag nach Frankreich und Italien vor den USA an dritter Stelle. Süße Billigweine dominierten den russischen Markt. Zumindest unter deutschen Weinliebhabern fand sich nicht gerade eine große Anhängerschar, gleichzeitig genügte die Qualität dieser Weine nicht ansatzweise den internationalen Normen.
Udssr
Perestroika
Zeichen der Perestroika erlebte die Weinwirtschaft einen heftigen Rückschlag, vor allem auf der Krim. Michail Gorbatschow wollte Produktion und Konsum alkoholischer Getränke stark einschränken und startete ein weitreichendes Rebenrodungs-Programm. Diese seine Abstinenzkampagne, auch „Trockenes Gesetz“ genannt, senkte den Alkoholkonsum zwar nur unwesentlich, doch bis heute leidet der Weinanbau auf der Krim an den Folgen der damaligen sowjetischen Politik. Mit dem Zerfall der Sowjetunion fielen viele wichtige Weinstandorte weg und die russische Weinproduktion ging erheblich zurück.
Seit 2006 zeigt sich eine neue Entwicklung in der Weinbaukultur Russlands – eine, deren Produkte das Urteil echter Weinkenner und -genießer nicht scheuen muss. Nichtsdestotrotz sind russische Weine in Deutschland noch eine Rarität. Im Jahre 2012 wurden in Russland gut 6,2 Mio. Hektoliter Wein produziert, angesichts einer Rebfläche von 62.000 Hektar eine enorme Menge. Inzwischen erstrecken sich im größten Land der Welt gut 70.000 Hektar Rebfläche, doch fördert die Regierung staatlichen Weinbau explizit. Es besteht das Ziel, bis zum Jahr 2020 auf 140.000 ha Wein anzubauen. Außerdem kommen auf russische Weinerzeuger etliche Gesetzesänderungen zu, die ihnen das Geschäft erleichtern und ihre Produkte wieder wettbewerbsfähig machen sollen.
Weinbau in Russland
Russischer Schaumwein
Sehr große Bedeutung hat nach wie vor die Erzeugung von roten und weißen Schaumweinen – doch was wurde aus dem Besitz des Krimsekt-Erfinders? Das Weingut Nowy Swet, zuvor Staatseigentum der Ukraine, wurde nach der Annexion der Krim im März 2014 verstaatlicht. Drei Jahre später beschloss die russische Regierung der Krim, das Unternehmen zu privatisieren: Auf einer offiziellen Website für Auktionen wurde vom Ministerium für Eigentum und Grundbesitz mit Nowy Swet eines der ältesten Weinunternehmen der Region zum Verkauf angeboten. Der Basispreis lag umgerechnet bei 21,5 Millionen Euro für eine Gesamtfläche von knapp 9,5 Hektar. Im Sommer 2017 änderte das Weingut Nowy Swet seine Eigentumsform von einem staatlichen Einheitsunternehmen in eine Aktiengesellschaft um. Es bleibt also spannend – angesichts der wechselvollen Weinkultur Russlands dürfen Nase und Gaumen von Liebhabern großer internationaler Weine neugierig sein, was dieses Landes künftig an Rebensäften weiter hervorbringt.
Dieser Text wurde von Charlotte Münch recherchiert und verfasst. © Copyright & Nutzungsrechte aller Texte von weinstore24 liegen bei caracter.tv.